«Güte verbreiten: Drei Frauen laden zu Abend mit Mönch ein» steht dick und fett am Dienstag in der Zeitung. Und darunter im Lead: «Gemeinsam organisieren am Donnerstag im ‹Bären› in Lachen drei in der Region arbeitende Frauen einen Meditationsabend mit dem international bekannten buddhistischen Mönch Kusala Thero aus Sri Lanka.» Und dazu ein Bild des strahlenden jungen Mannes. 30 ist er erst und schon weit durch die Welt gekommen. In Deutschland und in der Schweiz und im französischsprachigen Kanada hat er seine Gemeinde.
«Den Blick nach innen zu richten, dem Glück nicht hinterherzujagen, sondern es im Moment zu leben und zu pflegen, ist kurz zusammengefasst die Philosophie von Kusala Thero», heisst es in der Zeitung. Als Meditationslehrer auf internationaler Ebene erlebe er oft Menschen, sage er, «die in einem Zustand der Unruhe gestrandet sind». Der Mönch aus Sri Lanka empfehle, heisst es weiter, «die Fähigkeit anzustreben, seine Gedanken zu kontrollieren, statt ihnen ausgeliefert zu sein. Dann werde es möglich, ein glückliches Leben zu führen und liebevolle Güte auszustrahlen.»
Wunderbar! Dieser Mönch aus Sri Lanka kommt mir gerade recht. Und wieder einmal denke ich, wie gut wir es doch haben. Mit «wir» meine ich uns Sucher in spirituellen Dingen. Keiner muss mehr nach Indien, Sri Lanka, Nepal oder Tibet. Die Lehrer mit ihrem Wissen, ihrer Weisheit und ihrer Güte reisen zu uns um die Welt. Auch bei mir um die Ecke macht also einer Halt. Da bin ich dabei, denke ich, am Donnerstagabend in Lachen. Im «Bären» mitten im Dorf, wo wir in jungen Jahren um politische Fragen stritten. Das war eine wilde Zeit! Wir «Grünen», in den Kinder- und Jugendjahren, waren für viele ein rotes Tuch … Aber darum geht es mir jetzt nicht. Politik, das war einmal … Obwohl, so anders war es nicht, auch eine Herzenssache … Und die Welt, ihr frisches Grün im Frühling, die leuchtenden Farben im Sommer, ihr Braun und Gold im Herbst, auch das Weiss und Grau im Winter, ist mir viel wert, noch immer. Wie es das schon war, als wir in politischen Dingen … An Güte dachten wir nicht, nur dass gut war, was wir wollten. Und für die anderen, die anderer Meinung waren, war ihre Meinung gut und unsere Meinung schlecht. Und ihre Meinung war für uns … Aber um Politik, wie gesagt, geht es mir jetzt nicht, sondern um das Spirituelle … Also am Donnerstagabend nach Lachen, um den Mönch aus Sri Lanka zu sehen, zu hören und mit ihm zu meditieren … Medi-tieren, um in die Mitte zu finden, in die Stille im Auge des Orkans.
Und dann war es Mittwoch am anderen Tag – in der Mitte der Woche, das passte –, und mein Sohn kam vorbei, der jüngere, weil wir für die Hochzeit seines Bruders noch ein wenig üben wollten. Eine gemeinsame Produktion zum Vergnügen der Festgemeinde. Unser Sohn Hannes trägt gern T-Shirts mit schönem Bild und Text.
Unser Sohn ist ein «British Mountain Leader» mit Diplom und Ausbildung in Schottland. Er führt Wanderer über Stock und Stein. Und manchmal ist er mir – ob er will oder nicht – eine Quelle für eine Erkenntnis … Am Mittwoch also kam mein Sohn, um mit mir zu üben … Und so stand er also da im Shirt, und ich stellte ihm die Frage, ob er mit mir in den «Bären» zum Mönch aus Sri Lanka …, nur wenig älter als er. Er könne nicht, sagte Hannes, da sei er an der Arbeit. Wenn Hannes nicht am Wandern ist, verkauft er Bergsportartikel. Und während er das sagt, fällt mein Blick auf sein Shirt: Ein Wanderer auch da, durstig offenbar, steht vor einer Säule mit ein paar Wegweisern dran. Auf jedem steht das Gleiche: «Pub 100 Meter».
Und dann war der Donnerstag da, der Tag, an dem ich am Abend … Aber das Wetter war so schön … Stattdessen war ich im Garten: Die Hecke schneiden, die Blumen giessen und ein paar Früchte ernten für den Genuss am anderen Tag. Und dann sassen wir, nach getanem Werk, noch mit den Nachbarn zusammen und redeten «über Gott und die Welt» und genossen ein, zwei Stunden bei ein, zwei Gläsern Wein … Es war wie im «Bären» … Und wenn ich zurückschaue jetzt, dann kommt es mir so vor, als ob, was der Mönch … mir auch mein Sohn … «Das Glück im Moment zu leben …», da oder da oder dort!
Aber was ich noch vergass zu sagen: Auf dem Shirt von meinem Sohn stand nicht nur «Pub» und «Pub», sondern auch noch ein passender Satz: «Es gibt Momente im Leben, da braucht es einen taffen Entscheid.» Und noch etwas: In einem Jahr, wenn der Mönch aus Sri Lanka wahrscheinlich wieder da ist, bin ich dabei, wahrscheinlich. Und vielleicht kommt auch mein Sohn, es sei denn, er ist am Wandern, in Schottland oder wo.