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  • Bruno Küttel

Vom Putzen und vom Feiern und vom Amt für Engel in Bern


Tanja, meine Lektorin, Herausgeberin, Grafikerin, und was sie noch alles kann – ja, Tanja kann viel, und mir kommt das alles zugute – also Tanja hat mich gefragt, ob wir in meinem zweiten Buch, beim Autorentext zum Beispiel, nicht auch meinen Blog noch erwähnen sollten, oder vielleicht auch im Impressum. Per Mail hat sie mich gefragt, und ich gab ihr zur Antwort: «Wahrscheinlich hast du recht, obwohl ich noch immer Mühe habe mit dem Thema Blog. Wird es vielleicht allgemein überschätzt, das Bloggen? Hat es wirklich diese Bedeutung? Gibt es wirklich Leute, die auf meine Webseite gehen wegen meines Blogs? Wichtig für mich ist einfach, dass es meine Webseite gibt, das macht es mir leicht zu sagen: Dort gibt es eine Leseprobe. So sage ich es immer, wenn mich einer/eine fragt, wie mein Buch denn wäre. Mein Buch muss man lesen, erklären kann ich es nicht. Dann kommt der Blog beiläufig mit, da schaut man noch kurz hinein. Aber ich kann mich natürlich täuschen. Ich bin einfach selber einer, den die Blogs kaum interessieren. Im Moment würde ich also sagen: Lassen wir es bei der Angabe meiner Webseite bewenden. – Und was das Feierliche anbelangt, von dem du auch noch sprachst, das Empfinden von Feierlichkeit, wenn ein neues Buch vor der Vollendung steht: Bis ich dieses Feierliche spüre, wird es wahrscheinlich noch eine Weile dauern. Im Moment herrscht das Gefühl der Unsicherheit noch vor. Ich bin ja nach wie vor am Anfang mit meinen Büchern. Aber Momente der tief empfundenen Freude – zum Beispiel als ich ‹Erde an Scotty› in der Printversion zum ersten Mal vor mir sah – diese Freude kenne ich wohl …»

Dann ging es noch um den Text, den wir hinten auf das Buchcover stellen. Ich schlug vor, was folgt zu nehmen: «… Du weisst, dass ich mich in der ‹Leben & Bewegen›, wo meine Geschichten erscheinen, einen Sinnsucher nenne. Und jetzt rede ich der Sinnlosigkeit das Wort! Das ist kein Widerspruch, sondern eine logische Konsequenz. Wer sucht und sucht und sucht, findet irgendwann den Ort, wo er verweilen möchte, vielleicht bis ans Lebensende, oder er erkennt, dass das Suchen nur dann wirklich Spass macht, wenn es ein endgültiges Finden nicht gibt. Sonst wäre das Suchen zu Ende. Eine Katastrophe wäre das für einen Sucher wie mich …» Das sagt der Ben im Buch, der ich selber bin. Und Tanja meinte, dieser Text des Sinnens und Suchens gefalle ihr gut. Er hätte «etwas Kniffliges (wie die Suche selbst) und Tiefgründiges, ja, auch etwas Humorvolles, sie würde sogar fast sagen: etwas Spitzbübisches.» Mehr sage sie dann morgen, sagte Tanja noch, weil sie heute «wegen eines Geburtstags» nicht am Arbeiten wäre. – Bei «spitzbübisch» musste ich schmunzeln. Ein alter Spitzbub halt.

Und dann, am Tag danach, ergab sich eine Geschichte. Ich schrieb eine Geschichte per Mail.

Liebe Tanja, ist es nicht seltsam, was jetzt wieder geschieht?! Du erzählst mir von einem Geburtstag – wessen Geburtstag auch immer –, weshalb du frei nimmst heute, und ich mache mich daran, die letzten Seiten von «Erde an Scotty» zu prüfen. Der letzte Schliff steht an. Die letzten Seiten vom letzten Schliff. – Jetzt wird es mir doch noch ein wenig feierlich zumute.

Und nun komme ich also zum Kapitel 38, «Schamane durch und durch», und erinnere mich daran, dass du, als du es lektoriertest, sagtest, es hätte dich verwirrt, dass ich den Text, der schon den Prolog ausmacht, an dieser Stelle ... Aber du weisst ja, was du sagtest. Ich sagte, das müsse so sein. Aber jetzt beim Wiederlesen merke ich ... Ein Engel hilft mir dabei. Ich lese in «Erde an Scotty»: «… Herrlich unvernünftig! Der Nana-Engel am Zürcher Bahnhofsdach ist alles andere als vernünftig. Er lässt träumen und lässt staunen …» Dann lese ich das Kapitel zu Ende und frage mich, ob das wirklich sein muss: hier, wie im Prolog, diesen ganzen Text noch einmal? – Nein, das muss nicht sein, und nun endet der Prolog mit den folgenden Worten: «… Ein jeder auf seine Art, eine jede auf ihre Weise.»

In diesem Sinn: Dein Gespür war richtig, jetzt ist die Klärung da.

Und das mit dem Geburtstag passt auch. Mein erster Satz im Buch, wie du weisst: «Hallo Maren, nein, sie ist nicht da am Geburtstag. Wir feiern, wenn sie zurückkommt ...» – Ich lese und ich staune.

Und was den Engel anbelangt, der mir zur Erkenntnis verhalf: Er steht heute mit Bild in der Zeitung, ausgerechnet heute. Es sei nicht leicht, den Nana-Engel von Niki de Saint Phalle, der im Zürcher Bahnhof unter der Decke hängt, auf Dauer sauber zu halten, heisst es. Monatlich einmal staube man ihn ab. Weil die Flügel mit feinen Silber- und Goldplättchen belegt seien und die Farbe nicht wasserfest wäre, dürfe man die Engelsfrau nicht waschen. Geschaffen worden sei die Figur für einen Innenraum, was die Bahnhofshalle von Zürich nicht wirklich sei. Da fliegen halt auch Vögel, und sie verrichten ihr Geschäft ohne Rücksicht auf die Kunst. Und so setze der Engel von Zürich allmählich Patina an …

Irgendwie, liebe Tanja, habe ich das Gefühl, diese Sache mit dem Engel und mit den Vögeln, wie auch mit dem Geburtstag, den du zum Thema machst, gebe eine Geschichte her, vielleicht eine für den Blog? Und so kommt mein Blog, von dem du sprachst, doch wieder aufs Tapet.

Und was mir jetzt auch gefällt: Warum «Erde an Scotty»?, fragt sich der geneigte Leser, wie auch die Leserin. Eine Antwort gibt es jetzt auf der Seite 201. So viel Lesen muss sein, wenn eine/einer wissen will, wie der Autor das meint.

Und dann noch ein PS: Bevor ich auf «Senden» drücke, setzt sich eine Fliege auf den Bildschirm und führt mir vor, was Putzen in ihrem Fall bedeutet. Vom Kopf bis zum dicken Ende, mit zwei Beinen, und manchmal sogar mit dreien, von vorne und von hinten. Und zwischendurch streicht sie sich auch noch die Flügel glatt. Eigentlich unglaublich, was ein so feines Tier mit so feinen Beinen kann! Ich schaue und ich staune … Und jetzt sitzt die Fliege über Minuten still, kein bisschen bewegt sie sich. Sie wartet wahrscheinlich darauf, dass ich die Mail dir sende.

Und noch ein PPS: Du glaubst es nicht, was jetzt geschah, gerade in diesem Moment. Noch einmal lesen, dachte ich, was ich dir schrieb. Ich las bis «feierlich zumute», und in diesem Moment genau setzte sich eine andere Fliege auf genau jene Stelle. Als ob sie mir zeigen wollte, um was es geht … Ums Feiern geht es, um den feierlichen Moment. Und in diesem Moment genau beginnt die Fliege, die still sass lange Zeit, von Neuem mit dem Putzen … Ums Putzen geht es auch. Ums Feiern und ums Putzen. Und auch ums Fliegen geht es, weil Fliegen meistens fliegen – es sei denn, sie putzen sich gerade, oder sie sitzen gerade still.

Und ein paar Tage später: Liebe Tanja, ich muss mich korrigieren. Im Tages-Anzeiger von heute gibt es einen Bericht, eigentlich eine Geschichte, die vom Engelsstaubwischen erzählt, das in diesen Tagen geschah. Nur alle zwei Monate, heisst es, wird der Engel geputzt. Und noch etwas – das gefällt mir besonders gut – steht heute in der Zeitung: Auch die Seile aus Stahl, die den Engel schweben lassen, würden jedes Mal kontrolliert. Da gelte die Luftseilbahnenverordnung. – Ist das nicht wunderbar?! Dass wir unbeschadet unter dem Engel von Zürich gehen, garantiert ein Bundesamt. Das gleiche Amt, das dafür sorgt, dass wir sicher auf die Berggipfel fahren: von Engelberg auf den Titlis, von der Schwägalp auf den Säntis, von Silvaplana auf den Corvatsch, von Davos aufs Jakobshorn ... Ist das nicht erstaunlich?! Ein Amt für Engel in Bern!

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